Ein Bookmark-Manager? Online? Wer sollte das brauchen? Habe ich auch gedacht. Tatsächlich ist das eine saugute Idee (wenn auch nicht wirklich neu, siehe u.a. mal hier).
Ich hatte Bookmarks eigentlich schon lange aufgegeben: zu viele (die ich gerne setzen würde), zu unübersichtlich, zu aufwendig in der Verwaltung (siehe bookmarks sind tot. Dann kam del.ico.us. Überall, besonders in der amerikanischen Blogosphere, poppten Erwähnungen und Links auf. Und ich dachte immer noch "Aw, what the heck".
Und vor zwei Wochen habe ich endlich mal angefangen, mich damit zu beschäftigen. Und wie oft bei Vorurteilen ... musste ich mich eines Besseren belehren lassen. Das Ding ist tatsächlich Klasse. Was del.icio.us interessant macht, ist nicht die reine Bookmarking-Funktionalität. Die ist ordentlich aber nix besonderes. Pfiffig (aber auch nicht neu) ist, daraus Social Software zu machen. Ich verwalte nicht nur meine Booksmarks. Interessant ist auch, was andere Leute für Bookmarks setzen. In welchen Kategorien. Was die beliebtesten sind, etc.
Das ist aus diversen Gründen heraus ein so guter Ansatz, dass ich jetzt zu den treuen Kunden von del.icio.us gehöre. Im Detail ...
Wie gesagt, das grundlegenden Prinzip und der Social-Software-Ansatz sind nicht neu (ein paar Ex-Kollegen von mir haben etwas ähnliches schon vor zwei Jahren mal firmenintern aufgesetzt; siehe links-2-3-4) aber gut ausgeführt und vor allem durch drei Faktoren interessant:
- die große Anzahl von Usern (viele Kollegen, die Anregungen einspeisen)
- die Tagging-Philosophie (siehe unten)
- die sinnvolle Nutzung von Feeds (neue Bookmarks in Kategorien, nach Personen, Beliebtheit etc.)
Feeds sind bei solchen Services ja inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Das ist der Kitt, der die nächste Generation der Blogosphere zusammenhalten wird (aber locker, ganz locker ... siehe auch Weblogs V2.0: Wofür RSS-Feed wirklich gut sind). Schön ist hingegen die Umsetzung der Tags. Hierarchische Ordner-Strukturen sind einfach out, Tags sind in. Siehe auch Weblogs, Categories and Taxonomies. Die Umsetzung der Tags ist noch etwas besser und eleganter als bei GMail gelungen (siehe Wieso Gmail wirklich anders, neu und wichtig ist). Ihr Nutzen - und damit die Motivation sie zu verwenden - wird sofort ersichtlich. Illustriert sehr schön Jon Udells Thesen zum Thema Collaborative knowledge gardening:
Abandoning taxonomy is the first ingredient of success. [...] The degree to which these systems bind the assignment of tags to their use — in a tight feedback loop — is that kind of difference. Feedback is immediate. As soon as you assign a tag to an item, you see the cluster of items carrying the same tag. If that’s not what you expected, you’re given incentive to change the tag or add another [...] But the real power emerges when you expand the scope to include all items, from all users, that match your tag.Ein paar kleine Wermutstropfen: Das User-Interface ist eher grottig (auch ohne "Design-Overhead" hätte man da etwas Besseres hinbekommen können), wann welche Funktionen zur Verfügung stehen, ist nicht immer nachvollziehbar und viele naheliegende Funktionalitäten fehlen. Ist aktuell wirklich "bare bones".
Ansonsten ... del.icio.us ist deliziös!
... und was fehlt, schrauben wir uns zur Not per RSS und Web-API dran!
Eine sehr schöne Ergänzung ist http://supergreg.hopto.org/nutritious/nutritious.php Man kommnt mit der Zeit beim Taggen nämlich ins Rutschen ("Hiess es jetzt Programmieren oder Programmierung", usw) und ausserdem gibt es manchmal ganz gute Ideen für neue Tags und Sortierungen.
Ich mach mir bei delicious allerdings immer wieder sorgen, was passiert, wenn es offline geht… Ich hätte da doch gerne eine Exportoption.
Posted by: Malte Diedrich | Tuesday, 31 August 2004 at 09:43
Zum Thema Tags und Tagging: bestimmt bedenkenswert. Siehe auch http://www.agwright.com/blog/archives/000900.html und http://www.headshift.com/archives/002085.cfm. Schreibweisen sind aber eher ein UI-Problem und mit einem (heuristischen) Thesaurus bewältigbar.
... aber Exportoption?
Schon mal was von RSS gehört?
Und ein kleine Script, was Dir daraus Bookmarks für IE, Mozilla, whatever ... macht, ist doch nu wirklich piece of cake, oder?
Posted by: Markus Breuer | Tuesday, 31 August 2004 at 10:00
RSS-Feed schön und gut, aber meiner Meinung nach zu schnell geschossen :) Denn erstens muss ich den Feed damit permanent beobachten und vor allem speichern, in irgendeiner Form, was natürlich kein Problem ist, aber irgendwie nicht Sinn der Sache sein kann wenn ich den Stand zu einem bestimmten Zeitpunkt haben will.
Aus dem RSS Feed eine OPML-Datei zu erzeugen ist in der Tat nicht schwierig, aber auch hier steckt der Teufel im Detail, denn zum einen ist der Zugriff nur über die API vernünftig möglich, die noch entwickelt wird, zum anderen sollte doch für eine einfache Extraktion nicht der Zugriff über die API nötig sein, oder?
Das Schreibweisen ein UI Problem sind war meiner Meinung nach die Motivation für nutr.itio.us, denn es ist ja nur eine weiteres Interface.
Posted by: Malte Diedrich | Tuesday, 31 August 2004 at 23:10
Sorry, war vielleicht wirklich etwas zu hastig. Es kommt halt drauf an, wozu die Export-Option gewünscht wird. Wird für Offline nur ein "Notnagel" (wenn del. vorübergehend offline ist) benötigt, ist der aktuelle Feed absolut ausreichend. Benutze das selbst aktuell schon so. "Permanent beobachten" und "speichern" ist aber wirklich nicht das Problem. Das macht FeedDemon sehr zuverlässig für mich.
Für den Re-Import in andere Systeme ist mit ein bisschen Scripting der aktuelle RSS-Feed auch schon völlig "ok". Will man auch die Kategorien erhalten, braucht man mehr (was im Feed nicht vorhanden zu sein scheint). Da muss man wirklich an die API. Ich gehe aber davon aus, das über kurz oder lang eine Firefox-Plugin entwickelt wird, dass auch das regelt.
Posted by: Markus Breuer | Thursday, 02 September 2004 at 10:04
"Interessant ist auch, was andere Leute für Bookmarks setzen. In welchen Kategorien. Was die beliebtesten sind, etc." - in dem zusammenhang sehe ich auch die public-ansichten der bloglines-subscriptions (zb. meine: http://www.bloglines.com/public/muesliq ). denn noch mehr als die bookmarks anderer leute interessieren mich ihre rss-subscriptions.
Posted by: helge | Thursday, 02 September 2004 at 14:50
@helge: Was sicherlich auch hilfreich sein könnte, wäre zu wissen, was die Leute denken, welche Ideen sie haben, von wem etc. Solange das technisch nicht machbar ist, interessieren mich ALLE Möglichkeiten, mehr darüber zu erfahren: ihre Blogs, ihre RSS-Subscriptions, ihre Bookmarks, ihre Bilder ...
Was für Dich persönlich "wichtiger" ist, bleibt selbstverständlich Deiner Entscheidung überlassen. Mehr Angebote für das Netzwerken der Gedanken, sind ... "einfach mehr Angebote/Möglichkeiten" und vergrößern die Auswahl. Ich finde keine dieser Ideen überflüssig - und viele faszinierend und hilfreich.
Posted by: Markus Breuer | Thursday, 02 September 2004 at 17:45
Ein weiterer netter Online Bookmark Manager findet ihr hier: http://www.onlinebookmarkmanager.de . Die Besonderheit dieses Managers ist das FirefoxPlugin.
Posted by: Chris | Thursday, 05 January 2006 at 10:52