Ein einem seiner frühen Romane (The Santaroga Barrier; deutsch: Die Leute von Santaroga) beschreibt der später mit Dune zu Weltruhm gekommene Frank Herbert, wie ein junger Mann in eine abgelegene Stadt namens Santaroga geschickt wird. Unter dem Vorwand, seine Jugendliebe wieder treffen zu wollen, soll er erkunden, was mit den Menschen in dieser Stadt so anders ist. Sie sind unter anderem "schlechte Konsumenten", die bestimmte Dinge einfach nicht kaufen wollen (Zigaretten, Alkohol ...), was die Firmen, die diese Dinge herstellen, verständlicherweise irritiert.
Ein Aspekt dieses Andersseins fällt dem Fremden gleich am ersten Tag auf: der merkwürdige Tonfall in der örtlichen Zeitung. Sie beschreibt einfach in deutlichen Worten, was wirklich Sache ist "Sinnloser Streit in der UNO über xxx" und ähnlich lauten die Schlagzeilen.
Da musste ich unwillkürlich dran denken, als ich heute morgen unser Lokalblättchen aufschlug:
Mein Lokalblättchen: "Bauern beklagen Sonderopfer"Ich meine, jeder, der diese Zeilen liest, weiß doch, worum es wirklich geht. Warum es dann nicht einfach sagen?
Santaroga-Post: "Bauernvertreter versuchen sich gegen die Streichung lieb gewonnener Subventionen bei ihrer Klientel zu wehren"Mein Lokalblättchen: "Rom ist Deutschlands Streben nach mehr Einfluss bei der UNO unheimlich"
Santaroga-Post: "Italienische Politiker eifersüchtig auf Deutschland. Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit."Mein Lokalblättchen: "Länder bleiben bei Rechtschreibreform."
Santaroga-Post: "Landesregierungen können sich nicht dazu durchringen, zuzugeben, dass sie dei Rechtschreibreform grandios in den Sand gesetzt haben."... beliebig fortsetzbar ...
In Herberts Roman stellt sich übrigens heraus, dass die Leute in Santaroga unter dem Einfluss eines drogenhaltigen Pilzes eine Art Gruppen-Bewußtsein entwickelt haben. (Nein, keine Horror-Story - von wenigen Szenen abgesehen. Herbert beschreibt das ganz "Matter of Fact"). Verstellung und falsche Höflichkeit sind da einfach nicht nötig.
Schade, dass das nur ein Roman ist. Sonst würde ich gerne deren Tageszeitung abonnieren. Oder besser: mal ein paar dieser Pilze bestellen und sehen, ob die nicht auch hier gedeihen.
Den folgenden Kommentar kann Nicole (http://beisholz.de) nicht posten, weil Typepad meint, es wäre Spam. Ich auch nicht (unter ihrem Namen). Also zur Doku unter meinem:
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Weil die meisten Menschen die Wahrheit nicht hören wollen - auch wenn sie sie eigentlich wissen.
Sie wollen "gute" Nachrichten lesen, und sich dabei in Sicherheit wiegen. Oder schaulustigerweise Horrornachrichten - aber bitte nicht von mir, meinem Job, meiner Stadt, sondern von woanders. Weswegen hat Herbert es wohl als anormal in seiner Geschichte dargestellt, die Menschen unter Drogeneinfluß?
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Meine Antwort:
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Wirklich schade, was die verschiedenen Formen von Spam inzwischen anrichten. Nicht einmal das Beseitigen der echten Spams ist das Problem. Grössere "Katastrophen" passieren inzwischen beim Unterdrücken legitimer Kommunikation durc übersensible Gegenmaßnahmen (überaggressives "ICE", wie Gibson das mal im Neuromancer nannte).
Zu Deinem Kommentar, den ich auf Wunsch gerne in Deinem Namen poste (e-mail genügt):
Das Buch von Herbert ist sehr lesenswert. Es geht ihm in einigen seiner frühen Werke (hochspannend dazu auch "Hellstrom's Hive"; deutsch "Hellstroems Brut") um mögliche Formen der Weiterentwicklung der menschlichen Gesellschaft. Die Gemeinde von Santaroga wird deshalb nicht als "unter Drogen" dargestellt. Auf den ersten Blick sind es amerikanische Spießer auf dem platten Land. Es ist mehr so, das die Leute dort einfach sehr offen miteinander sind, Dinge nicht tun, die wir als mehr isolierte Individuen als "nötig" ansehen etc. Wobei die Individualität der Menschen in dieser Geschichte (es ist keine Dystopie) erhalten bleibt. Das gemeinsame Bewußtsein ist etwas, das sich auf unbewußter bzw. unterbewußter Ebene abspielt und nur sehr dezent ins Beußte abstrahlt.
Es ist aber durchaus auch keine Sozial-Utopie, die dort beschrieben wird. Die Gemeinde in ihrer "Ganzheit" ist nämlich auch ein Organismus, der an seinem eigenen Überleben interessiert ist, und - wenn er dieses gefährdet sieht - Gegenmaßnahmen ergreift. Diese Gegenmaßnahmen können für Nicht-Mitglieder gefährlich werden (das ist das dezentete Horrorelement der Geschichte).
Spannendes "Food for thought", selbst wenn die Story im letzten Drittel Längen hat.
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Posted by: Markus Breuer | Monday, 27 September 2004 at 09:59
ich sehe das nicht ein. mit dieser technik kann man unmöglich effizient arbeiten, mehr davon - dann könnte das schon besser hinkommen. womit ich nicht sagen will das der wille fehlt, aber leistung ist ebenso wichtig. wer sparen will, darf dabei nicht über-sparen. hinweise auf bessere nutzung dieser möglichkeiten wären angebracht gewesen. trotzdem besteht hoffnung; jedoch nur bei positiver finanzlage. alles in allem denke ich nicht an einen umschwung im sinne des volkes, sondern des staates. es gilt, die entscheidenden faktoren zu entschärfen.
mfg
Frank Mützenhauser
Posted by: Frank Kühsendorfer | Friday, 08 October 2004 at 04:16