Gestern nachmittag, gegen 17:00 CET, überschritt die Anzahl angemeldeter User der virtuellen Welt Second Life die 1.000.000 Grenze. Tatsächlich ist das natürlich in erster Linie eine wichtige Zahl für die PR-Arbeit. Die Million ist natürlich "magisch". Die meisten dieser Accounts werden aber schon lange nicht mehr verwendet. Wie bei jedem vergleichbaren Produkt testen viele Interessanten das Angebot kurz aus und die meisten davon verschwinden dann auf Nimmerwiedersehen,
Tatsächlich dürfte die echte Einwohnerzahl von Second Life eher in einer Größenordnung von 250.000 bis 300.000 liegen - was immer noch beeindruckend ist, wenn man berücksichtigt, dass es im im Frühjahr 2005, als ich diese Plattform entdeckte, nicht einmal 20.000 waren. Beeindruckend sind auch die aktuellen Wachstumszahlen. In den letzten Wochen haben täglich ca. 10.000 neue Anwender einen Account eröffnet. Mit dem PR-Push in dieser Woche durch die Eröffnung des Reuters-Büros, einer großen Artikelstrecke in WIRED und der Platzierung eines Artikels auf der Yahoo-Homepage rechnen die Betreiber mit Spitzenwerten von bis zu 50.000 neuen Accounts am Tag.
Dass das keine Seifenblase ist, kann man recht an der Zahl der "Concurrent User" verfolgen; also der Zahl der User die zu einem beliebigen Zeitpunkt gleichzeitig online sind. Dies hat jetzt die 12.500 überschritten und wächst aktuell mit 15% - 20% pro Monat!
Die Infrastruktur von Linden Lab, der Betreiberfirma, wird dadurch natürlich arg strapaziert. Damit ist nicht so sehr die technische Infrastruktur gemeint. Die ist bei Second Life relativ gut skalierbar. Neue User müssen aber auch eingewiesen und supported werden, ein Job für den sich das Unternehmen zu einem großen Teil auf freiwillige Helfer verlässt. Und die werden mit dem aktuellen Ansturm kaum noch fertig.
Jetzt rächt sich, dass die Macher von Second Life in den letzten zwei Jahren das Thema Usability sträflich vernachlässigt haben. Second Life hat eine steile Lernkurve. Mit freundlicher Unterstützung durch erfahrene Einwohner ist die zu bewältigen. Ohne ...
Das ist ein Aspekt, der mir selbst noch nie zuvor klar geworden ist: Gute Usability trägt entscheidend mit zur Skalierbarkeit eines Systems bei. Und mangelhafte limitiert die Wachstumsraten!
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Markus,
das mit der usability kann ich nur bestätigen.
Ich bin bisher noch nicht über meine ersten zaghaften Gehversuche in SL hinaus gekommen
Muß mir wohl doch noch mal einen Mentor in der dortigen Welt suchen ...
Posted by: Jörg Weisner | Thursday, 19 October 2006 at 11:29
hallo Du War of the Worlds-Hörer (freut mich, dass es Dir gefallen hat :)
Du meinst oben sicherlich flache statt steile Lernkurve? Sprich: Der Zugang ist schwer.
Wundert mich - nicht negativ gemeint - dass Du bisher nie Parallelen zu Games wie WoW gezoge hast, die genau dadurch glänzen: leichter Einstieg, Gamedesign/aufbau auch für Gelegenheitsspieler = Megaerfolg. Ich finde, dass alle Firmen von solchen Beispielen lernen müssen, um die Akzeptanz der virtuellen Welten zu vergrößern. Sie tun sich damit nur selbst einen Gefallen.
Btw, der Punkt mit den freiwilligen Helfern: Es gab vor einiger Zeit auch bei Ultima Online so einen Support. Bis ein Gericht in den USA solche Tätigkeiten untersagt hatte. Entweder bezahlen oder nicht. Das drpht Linden Lab mE genauso eines Tages. Sie müssen bis dahin eine andere Lösung finden. Aber nicht mehr auf freiwillige Helfer verlassen, die möglicherweise mehr Rechte ingame haben (weiß das aber nicht), was als vor Gericht als ein Indikator gewertet werden könnte.
Posted by: Robert | Thursday, 19 October 2006 at 11:54
Hallo, Robert. Es gibt scheinbar unterschiedliche Metaphern zum Thema Lernkurve. "Steil" scheint mir passend zu sein, weil "steil = anstrengend". Will mich da aber nicht festlegen. Tatsächlich ist - theoretisch - auch die Denkweise "flach = lang" nicht unplausibel.
Dass bei mir die Vergleiche zu WoW, EVE etc. fehlen, liegt einfach daran, dass mich "Spiele" einfach nie beschäftigt haben und in ihrer Abgeschlossenheit in diesem Zusammenhang auch nicht sonderlich interessieren. Was überhaupt nicht heißen soll, dass sich eine Plattform wie Second Life da nicht eine Scheibe abschneiden könnte. Nur ... mir fehlt die Erfahrung in Spielen. Und die Zeit, mir diese Erfahrung zuzulegen, habe ich einfach nicht (letztendlich auch eine Frage mangelnder Motivation: Hauen und Kämpfen hat mich noch nie begeistert und ich kenne kaum ein Online-Spiel bei dem das nicht zumindest vordergründig im Mittelpunkt steht).
Das Ultima Online Beispiel in Sachen freiwillige Helfer ist in den Second Life Foren schon mehrfach diskutiert worde. Ich denke, Linden Lab fühlt sich relativ sicher, weil die Mentoren KEINE besonderen Rechte haben sondern einfach nur freiwilling Neulingen helfen. Das ist zwar vielleicht ein rhetorischer Kunstgriff. Andereresits fällt es meinem layenhaften Rechtsverständnis schwer, einzusehen, wieso eine Firma einem Anwender, der einem anderebn Anwender etwas hilft, ein Gehalt zahlen sollte. Wenn das so wäre, wären auch Beiträge in Diskussionsforen von Unternehmen, auf denen Kunden Fragen stellen und anderen Kunden antworten, eigentlich honorpflichtig. Ist aber vermutlich schwer, da die Grenze zu ziehen.
Posted by: Markus Breuer | Thursday, 19 October 2006 at 12:36