... oder besser: die erste Millionärin. Und diese Million wird nicht in Spielgeld gezählt sondern in US$. Wie das Online-Magazin Second Life Herald meldete, wird die bekannte Landhändlerin mit dem Avatar-Namen Anshe Chung in Kürze eine offizielle Pressemitteilung herausgeben, in der sie bekannt gibt, dass ihre virtuellen und realen Besitztümer den Wert von 1 Million US$ überschritten haben.
Testiertbar ist die Zahl sicherlich nicht. Aber sie ist nicht unplausibel. Tatsächlich hat das Mom-and-Pop-Team aus Anshe Chung und ihrem (realen) Ehemann Guni inzwischen so beachtliche Besitztümer angehäuft, dass diese Zahl absolut glaubhaft ist. Und eine durchaus reale Firma in Wuhan (China) ist dabei auch entstanden. Respekt!
Anshe Chung ist bei den alt eingesessenen Anwendern von Second Life keine unumstrittene Celebrity. Andererseits ist es wohl auch ein bisschen naiv, zu erwarten, dass jemand, der innerhalb von knapp 2,5 Jahren aus 9,95$ eine Million macht (vorwiegend durch Handel), auf seinem Weg nach oben nur Freunde hinterläßt. Ihrer - ebenfalls schwankenden - Beliebtheit bei der Betreiberfirma Linden Lab dürfte eine solche Pressemitteilung aber sicherlich gut tun. Schließlich verkauft Linden Lab die Plattform Second Life schon geraume Zeit als schnellen Weg zu Reichtum und Glück - was nicht ganz seriös ist.
Wirtschaftlicher Erfolg in Second Life ist nämlich nicht einfacher zu erzielen als in der physischen Realität. Der Werdegang des Avatars Anshe Chung ist ein guter Beleg für diese These.
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Ja nun, der letzte Satz, verbunden mit den ein zwei Andeutungen zuvor, liest sich wie der Beginn einer aufregenden Hintergrundreportage. Als würde da am Ende irgendwas fehlen ... ;-)
Posted by: Christian | Saturday, 25 November 2006 at 11:35
Da ich mich nicht als "Reporter" fühle muss ich diese Erwartung leider enttäuschen. Für die "Gesellschaftspalten" zu Second Life sind andere zuständig. ;) In Andeutungen wollte ich übrigens gar nicht reden - andererseits auch keinen ellenlangen Artikel zu diesem Thema verfassen.
Den letzten Satz kann ich gerne verklaren: Das (gar nicht virtuelle) Imperium von Anshe und Guni ist durch unternehmerische Talente wie Kreativität, Risikobereitschaft, Bienenfleiß und natürlich auch gelegentlich durch eine gewisse unternehmerische Härte entstanden. Kein "get rich quick".
Posted by: Markus Breuer (Pham Neutra) | Saturday, 25 November 2006 at 12:25
Ich bin etwas verwirrt ... zählt Anshe denn alle ihre Sims in ihre Assets mit ein? Ich meine, das meiste Land ist doch an andere Leute verkauft und gehört ihr deswegen defacto gar nicht.
Oder anders, wenn ich zwei Sims bei ihr kaufe, haben sowohl ich als auch Anshe zwei Sims im Inventar?
Posted by: Melina Loonie | Saturday, 25 November 2006 at 19:08
GUTE Frage! Und zwar eine, die sowohl unter juristischen als auch bilanztechnischen Aspekten interessant ist. Die Verwirrung ist verständlich.
Jurstisch ist die Sache kompliziert. Was genau meinst Du mit "kaufe"? Solange in den Büchern von Linden Lab als owner des Sims "Anshe Chung" eingetragen ist, kann sie es jederzeit an einen anderen Anwender verkaufen. Wenn ich mich recht erinnere, besagen ihre Geschäftsbedigungen, dass bei einer solchen Liquidierung die Landeigner anteilig entschädigt werden. Wie bindend eine solche Zusage im komplexen Umfeld von virtuellen Welten und des internationalen Rechts ist (ACS ist eine chinesische Ltd.) ist, entzieht sich meiner juristischen Sachkenntniss. Sagen wir mal, ich halte eine solche Entschädigung für schwer einklagbar - womit ich ACS aber auf keinen Fall unterstellen möchte, dass sie diese nicht trotzdem freiwillig zahlen würden.
Man beachte, dass das übrigens nicht nur für Dreamland gilt sondern in ähnlicher Weise auch für "mainland". Sollte Linden Lab die Tore schließen, sind sie meines Erachtens kaum verpflichtet, die Landeigner in Second Life zu entschädigen.
Die bilanztechnische Seite ist ebenfalls interessant. Weil das Land auf einem Sim ACS - auch wenn es komplett verkauft ist - weiterhin Monat für Monat einen hoffentlich positiven Deckungsbeitrag von ich schätze mal zwischen 50 und 100 US Dollar erwirtschaftet. Und bei einem Wirtschaftsgut, das einen regelmäßigen Deckungsbeitrag abwirft, kann man schon einen Ertragswert nach der DCF (discounted cash flow) Methode ermitteln.
Ich weiß natürlich nicht, ob Anshe und Guni all das berücksichtigt haben. Ich möchte damit nur andeuten, dass es eine Menge gute Gründe geben kann, auch ein zu 100% verkauftes Sim nach wie vor mit einem Wert zu beziffern.
Posted by: Markus Breuer (Pham Neutra) | Saturday, 25 November 2006 at 20:56
Ich denke, dass es da noch viele ungeklärte Fragen bezüglich des Vertragsrechts gibt.
All das wird sicher in den nächsten Monaten/Jahren auch immer mehr die RL Anwälte und Gerichte beschäftigen, denn bei den Summen (1 Mio USD) könnte es ja durchaus mal sein, dass jemand SL nicht nur als Spiel sieht. ;-)
Also noch mal zum Punkt "kaufen". Es stellt sich mir die Frage, ob Linden Lab überhaupt den ursprünglichen Sim-Käufer als Eigentümer führen darf, maximal als Käufer. Wenn ich eine Kiste Wein kaufe und die Flaschen hinterher an verschiedene Leute weiterverkaufe, dann bin ich ja auch nicht mehr Eigentümer des Weins.
Ein bißchen Rechtssicherheit wäre hier nicht schlecht, finde ich.
Posted by: Melina Loonie | Saturday, 25 November 2006 at 21:44
Da machst Du aber ein interessantes Faß auf, Melina. Diese Fragen in den Kommentaren eines Weblogs zu diskutieren, ist ein bisschen holprig. Aber mal ein paar erste Ansätze - die Du dann vielleicht wirklich mit einen Juristen diskutieren solltest:
(1) Die Vergleich mit der Weinflasche hinkt - stark. Wenn Du eine Weinflasche verkauft hast, kommt nicht Monat für Monat jemand daher und will immer noch eine Gebühr dafür haben. Für ein Sim zahlst du an Linden Lab so lange 195$/Monat wie du als Owner eingetragen bist - egal, wem Du das Land inworld verkauft hast.
(2) Bei Land in Second Life von "Eigentum" zu sprechen, trägt die bildhaften Metaphern der virtuellen Welt vielleicht etwas weit. Das tatsächliche Rechtsgeschäft hinter einem Landkauf ist eher das der Bereitstellung von Server-Kapazität und Bandbreite. Das sind durchaus etablierte Geschäftsmodelle. Wenn Du irgendwo bei einem ISP einen dedizierten Server buchst, zahlst Du eine Einrichtungsgebühr (bei Land in SL den Kaufpreis) und dann monatlich eine Betriebsgebühr (in SL Tier). Dabei geht weder Eigentum noch Besitz (juristisch gesehen zwei sehr unterschiedliche Sachverhalte) an diesem Server an dich über.
Anders formuliert: Du magst das Gefühl haben, dass Dir Deine Cosy-Sims "gehören". Ein Jurist dürfte die Dinge deutlich anders sehen. Da besteht nicht einmal große Rechtsunsicherheit.
Ob der Betreiber eines solchen Servers, Linden Lab, oder sein Reseller (ACS oder andere) im Falle der Liquidation die Einrichtungsgebühr (Kaufpreis) oder eine Teil davon zurückzahlt, ist eine Frage der Vertragsbedingungen. Bei Linden Lab steht dazu nichts in den ToS oder irgendwo auf der Website. Bei ACS steht dazu eine Satz im Covenant. Was für Rechte Dir dieser Satz tatsächlich einräumt, kann ich als Nicht-Experte in juristischen Fragen zu internationalen Verträgen nicht beurteilen.
Das hat aber nichts damit zu tun, ob man dieses von Linden Lab eingeräumte Nutzungsrecht nicht als Ertragswert des Sims ansetzen darf - insbesondere, wenn Dein Geschäftsmodell einen monatlichen Deckungsbeitrag aus der Verwertung dieses Nutzungsrechts sicherstellt.
Posted by: Markus Breuer (Pham Neutra) | Sunday, 26 November 2006 at 06:06
In der Tat halte ich den Platz hier auch nicht für geeignet, um das Thema weiter auszubreiten.
Dass aber ACS über Besitztümer im Wert von 1 Mio USD (wobei es um den Betrag an sich ja gar nicht geht, das ist nur der Aufhänger) verfügt, ist zumindest zu hinterfragen, solange niemand weiß, wie diese Summe berechnet wurde.
Somit wird eine entsprechende Pressemitteilung sicher wieder ihre Runde durch die Medien machen, hat aber an sich keine Aussagekraft.
Posted by: Melina Loonie | Sunday, 26 November 2006 at 10:19
Die angekündigte Pressemitteilung ist übrigens jetzt online:
http://www.anshechung.com/include/press/press_release251106.html
Posted by: Forumsmanager | Sunday, 26 November 2006 at 18:15
wow, gibt es eigentlich eine art mittelstand im second life? oder muß man gleich millionär werden? ;-) nein im ernst, ich finds total interssant, weil es so irgendwie nicht fassbar ist. man versuche es seiner oma zu erklären.
Posted by: albert | Tuesday, 28 November 2006 at 00:58
Eine vollbelegte Sim mit Landbesitzern ist wie ein kleines Unternehmen: ist sie profitabel hat sie einen Wert der sich aus den Einnahmen ermitteln laesst. Macht sie Verlust kann sie sogar eine Last sein.
Etwa 50% von Anshe's Sims sind voll (oder fast voll) und 50% sind ganz neu gekaufte Sims (vor der Preiserhoehung vom 15. November). Und naja, seit der Simpreiserhoehung ist eben der Wert von Sims, vor allem mit 195$ Tier, deutlich gestiegen. Das haben auch andere erkannt und, in den 2 Wochen die man nach der oeffentlichen Bekanntgabe der Preiserhoehung noch zum alten Preis kaufen konnte, haben sich viele SL User nochmal richtig was dazugekauft.
Wir sind da uebrigens durchaus mit deutscher Bodenstaendigkeit herangegangen und haben das Announcement erst gemacht nachdem jemand in Amerika schon in den Startloechern stand. Und da er nicht Anshe heisst haette wohl auch kaum jemand seinen extremen Optimismus hinterfragt. Wenn man den eigentlichen Wert des Business anschaut, also den Geschaeftswert basierend auf Umsatz, Gewinn und so weiter, ist die Marke bei Anshe eigentlich schon irgendwann Anfang des Jahres ueberschritten worden.
Was bleibt ist natuerlich, egal wie hoch der Buchwert heute ist, so ist es immernoch ein hochriskantes Investment. Also kein Grund zu Langeweile! *g*
Posted by: Guntram | Thursday, 30 November 2006 at 01:05