In meiner intensiven Bloggingphase in 2004 gab es auf diesen Seiten eine kleine Serie namens Santaroga News. Typisches Privatgeblogge, wie man es auf einem Weblog nun mal tut. Der Name stammt aus einer SF-Story des Autors Frank Herbert und bezeichnet eine Kleinstadt, in der die Leute unter dem Einfluß eines weitverbreiteten Pilzes chronisch die Wahrheit sagen - selbst in der Zeitung. Das ist natürlich vollkommen unmöglich für professionelle Zeitungen - und typisch für Weblogs.
Als ich heute Morgen am Zeitschriftenstand des kleinen Lebensmittelladens um die Ecke vorbeikam, konnte ich nicht umhin, wieder an Santaroga zu denken. Klimakatastrophe auf allen Titelblättern. Meine Herren! Das hält die Presse für "News"?
Seit 30 oder 40 Jahren mehren sich die Anzeichen dafür, dass der durch die moderne Zivilisation verursachte CO2-Ausstoß das Klima der Erde massiv beeinflusst.
Seit 20 Jahren waren sich die meisten Experten sicher, dass dem tatsächlich so ist und die Auswirkungen dramatisch sein würden.
Seit vielleicht 15 Jahren gab es kaum einen ernstzunehmenden Klimaexperten, der dies bezweifelt hätte.
Nur, wenn man ganz, ganz lange gesucht hat, fand sich eventuell an irgendeiner Hinterwäldler-Uni der Träger eines Doktortitels, der diese Zusammenhänge verneinte. Das reichte aus, um - zusammen mit viel Geld von "interessierten Kreisen", - 15 - 20 Jahre lang den mediengläubigen Teil der Menschen davon zu überzeugen, dass "ernsthafte Zweifel bestehen", ob es wirklich unsere Industrie, unsere Autos und Mallorca-Flüge sind, die die Erde unwirtlicher machen.
Politiker mahnten ernsthaft den "Schutz der bedrohten Industrien" vor den Klimaschützern an - weil es bestanden ja Zweifel. Auch unser Wirtschaftsminister Glos kennt sicherlich noch einen Experten aus seiner alten Volksschule, den solche Zweifel quälen. Oder die Autoindustrie hat ihm die Telefonnummern eines Experten gegeben. Diese bequemen Zweifel sind es, die letztendlich dafür verantwortlich sind, wenn in den kommenden Jahrzehnten Hunderte von Millionen Menschen ersaufen, verdursten und verhungern werden.
Schade eigentlich...
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dass Bedenken zur Ökologie als wirtschaftsfeindliche Einwände grüner Phantasten abgetan werden hat ja lange Tradition und überrascht nicht wirklich.
Vernunft wird gern als Alternative zu Ideologie verkauft; und das kommt immer noch gut an weil Ideologie komplizierter als Glaube ist usw...
Aber das die deutsche Autoindustrie nach den Lektionen Katalysatoreinführung und Rußfilter immer noch hofft mit solcher Lobbypolitik eigene Zukunft sichern zu können finde ich doch noch überraschend.
Wenn unsere ökologischen Trabbis dann von japanischem Hightech auf dem Weltmarkt gejagt werden wird das Gejammer groß sein.
Posted by: RL | Saturday, 03 February 2007 at 17:18