Und nun die letzte Frage-und-Antwort-Kombination zu den drei wichtigsten Vereinfachungen (und Missverständnissen) rund um Second Life in der deutschen Presse. Es geht um Geld, Sex und Suchtgefahr. Die Suchtgefahr:
FRAGE: Ist Second Life nicht sehr gefährlich? Können Jugendliche dabei nicht süchtig werden? Verlieren Menschen nicht den Kontakt zu wirklichen Menschen, zum wirklichen Leben?
Und es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Fragen, die mit dem Mangel an frischer Luft und Bewegung beginnen und bei den in der Presse immer wieder gerne kolportierten Beispielen von manischen Spielern aufhören, die in asiatischen Internet-Cafes tot umgefallen sind oder andere für ein virtuelles Schwert getötet haben.
ANTWORT: Tatsache ist, das alles, was einem Menschen Freude bereiten kann, bei entsprechend veranlagten Characteren, suchtähnliche Symptome hervorrufen kann. Dazu gehören auch Betätigungen wie Lesen, Einkaufen, Fernsehen, Essen, Trinken, Sport und Modellbauen. Und niemand käme auf den Gedanken, vor Bibliotheken, Restaurants, Einkaufspassagen, Sportplätzen und Hobbykellern aufgrund vermeintlicher Suchtgefahren oder drohenden Realitätsverlusts zu warnen.
Obwohl es eine Reihe von Wissenschaftlern gibt, die sich immer wieder einmal besorgt zum Thema Internet-Abhängigkeit äußern - in Deutschland wird dazu in der letzten Zeit gerne der Hannoveraner Dozent Bert te Wildt zitiert, ist es schwierig, Belege dafür zu finden, dass die Beschäftigung mit dem PC allgemein oder die intensive Nutzung von Online-Rollenspielen oder virtuellen Welten in signifikantem Umfang zu Verhaltensänderungen in Richtung soziale Isolation, Suchtverhalten, gesteigerte Aggression, psychotische Symptome etc. führt. So etwas kommt vor, aber eher in geringem Umfang. Entsprechend haben die geschilderten Fälle und die daraus gezogenen Schlüsse auch eher den Character von "anekdotischer Evidenz".
Menschen, die sich für virtuelle Welten (oder auch Online-Rollenspiele) interessieren, sind typischerweise nicht pickelige, schüchterne Teenager, Sozialabsteiger oder depressive Arbeitslose die Kontaktarmut in in der physischen Realität mit virtuellen Erfolgen kompensieren. Die einzige seriöse Studie zum Thema, die mir im deutschen Sprachraum untergekommen ist, kommt zu dem amüsanten Fazit:
Interessanterweise waren ausgerechnet diejenigen Befragten, die sich besonders skeptisch über MUDs (frühe Online Welten) äußerten, selbst am stärksten von der realen Gesellschaft entfremdet.
Die überwältigende Mehrzahl der untersuchten Online-Spieler stellte sich als eher kontaktfreudig und - auch in der physischen Welt - gut vernetzt heraus. Eine Erfahrung, die ich von meinen Bekanntschaften in virtuellen Welten nur bestätigen kann. Was nicht heißt, dass es nicht auch vereinzelte Schüchterlinge gibt, die in der virtuellen Welt zum extrovertierten Charmeur mutieren. Ob man das bedenklich finden muss?
Weitere Fragen & Antworten zu Second Life:
#1: Dazu haben Sie Zeit?
#2: Sind da wirklich schon 3 Millionen Menschen unterwegs?
#3: In Second Life dreht sich doch alles um Geld, oder?
#4: Wie kann man nur virtuelle Dinge mit ECHTEM Geld bezahlen?
#5: Ist Second Life nicht voller Sex und Pornographie?
#6: Sind virtuelle Welten nicht suchtgefährdend?
#7: Kann man in Second Life wirklich einfach echtes Geld verdienen?
#8: Sind da nicht nur Studenten, Frührenter und Arbeitslose unterwegs?
#9: Ist Second Life die Zukunft des Internets?
...
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treffender hätte ich es nicht sagen können,
Gruß aus Köln
Wolfgang Kübel
Posted by: Wolfgang | Monday, 19 February 2007 at 10:29