Die letzte Präsentation, die ich mir gestern noch zum Abschluß der ETech 07 hier in Diego gegönnt habe, war "Bodyhacks" von Quinn Norton, die auch eine regelmäßige Kolumne zum selben Thema bei WIRED News schreibt. Und obwohl Quinn sicherlich eines der einfallslosesten PowerPoint-Decks der ganzen Konferenz verwendete, war das, was sie sagte, hochspannend.
Wussten Sie zum Beispiel, dass die Mehrzahl der amerikanischen Profispieler in allen Mannschaftssportarten inzwischen Lasik-Operationen hatte? Nicht, weil sie vorher Sehprobleme hatten sondern weil sie danach einfach noch besser sehen konnten. Doping? Tscha ... Oder wussten Sie, dass man sich eine Art siebten Sinn zulegen kann, indem man sich einen kleinen Magneten in eine Fingerkuppe implantieren lässt? Man kann magnetische Felder "fühlen", insbesondere, wenn sie moduliert sind oder auch Stromführende Leitungen "ertasten".
Quinn's Thema, auch in der WIRED, ist die Modifikation des eigenen Körpers. Dazu gehört das inzwischen weit verbreitete Piercing, aber auch die kosmetische Chirurgie, Drogen, Biofeedback-Techniken etc. Als Software-Mensch ist das etwas, das mich eigentlich selten beschäftigt - und ich selbst neige weder zu Piercing noch zu Drogenkonsum (abseits der gesellschaftlich akzeptierten Droge #1: Alkohol). Andererseits komme ich ja schon in das Alter, wo man mal über das Thema kosmetische Chirurgie nachdenken kann.
Sei es, wie es ist; was ich am interessantesten an diesem Referat fand, war die Einstellung, die in weiten Teilen unserer Gesellschaft zu diesem Thema vorherrscht: das ist "irgendwie böse". Dabei werden einige Modifikationen sind voll akzeptiert, andere, nahezu identische werden schräg angesehen. Beispiel: Ohrring versus Brustwarzenpiercing. Noch dramatischer und absurder ist die Situation bei "Body Enhancements". Grundsätzlich wird in weiten Teilen unserer Gesellschaft jede bewusste Verbesserung als "Schummeln" empfunden. Man soll mit dem dem leben "was Gott einem mitgegeben hat".
Zwar haben sich die Zeiten etwas geändert, aber immer noch finden es Klatschblätter und Bild-Zeitung erwähnenswert und zumindest ein klein bisschen verwerflich, wenn sich ein Star oder Sternchen seien Nase begradigen oder seinen Busen vergrößern ließ. Wieso eigentlich? Die verdienen schließlich ihr Geld damit attraktiv auszusehen. Und ob sie sich nun eine Dauerwelle machen lassen oder die Nase verkleinern, ist doch eigentlich ihre Sache.
Zugleich werden die entsprechenden Maßnahmen immer zugänglicher und preisgünstiger. Drogen und Geräte kommen auf den Markt, die auch die körperliche oder mentale Leistungsfähigkeit oder Ausdauer wirklich verbessern. Aber bei all dem schaut man ständig sorgenvoll auf die "Risiken und Nebenwirkungen". Nicht, dass diese Nebenwirkungen nicht wirklich wichtig wären - wenn sie denn da sind. Im Hintergrund steht aber auch immer der bewusste oder unterbewusste Glaubenssatz, das diese Nebenwirkungen da sein müssen - weil wir vor jeden Vorteil bezahlen müssen.
Ich wette es gibt eine Menge Leute, die es gar nicht gut finden, dass Viagra keine großen Nebenwirkungen hat. Oder siehe auch die jahrzehntelange Debatte um Silikonkissen für Brustvergrößerungen. Witzig: Kein Staat verbietet bis heute Alkohol oder Tabak aufgrund der sehr gut erforschten Nebenwirkungen.
Was aber, wenn die unangenehmen Nebenwirkungen wirklich nicht da sind? Muss man dann immer noch etwas dagegen haben, wenn sich ein Mensch schöner, schneller, schlauer - oder einfach irgendwie "anders" - macht?
Ich glaube, dass wir in den kommenden Jahrzehnten da noch einige sehr spannende Entwicklungen sehen werden. Menschen werden mehr und mehr Möglichkeiten bekommen, ihren Körper und Geist zu verändern. Viele davon werden technologiegetrieben sein. Und sie werden verwendet werden. Und unsere Gesellschaft wird sich ändern - müssen.
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