Und schon wieder eine neue virtuelle Welt. Diesmal aus Deutschland. Nein, kein Konkurrent für Second Life aber trotzdem nicht uninteressant. Zwecks Kundenglücklichhaltung war ich die letzten Tage viel auf Reisen und habe deshalb den Launch von StageSpace leider verpaßt. Die Plattform ist seit kurzem in einer "offenen Beta-Version" online. Ich konnte es mir deshalb nicht verkneifen, schnell einen Account zu beantragen und ein klein wenig damit herum zu spielen.
Vorläufiges Fazit: Sehr frühe Beta-Version (die meisten professionellen Software-Entwickler würden so etwas eher "Alpha" nennen) und ein "Second Life im Browser", wie es Robert Basic formulierte, ist es sicherlich nicht. Denn es ist weder ein Second Life (und will auch keins werden, soweit man das den aktuellen verfügbaren Informationen entnehmen kann), noch läuft es im Browser. Der Client für StageSpace ist eine Java-Application, deren Download nicht deutlich schneller vonstatten geht, als der von Second Life. Was einem dann geboten wird, wenn man den Client startet, ist momentan ein 3D basiertes Chat-System mit einer Grafikqualität, die der von Keneva ähnelt und deutlich hinter der von IMVU hinterher hinkt. Letzteres ist für mich kein großer Makel. Zwar wird die "schlechte Grafikqualität" immer wieder gegen Second Life ins Feld geführt. Das ist aber nur ein Thema für Gamer. Dem typischen Anwender virtueller Welten ist das eher egal. (Die Darstellungsqualität bei StageSpace ist aber sehr bescheiden. Ich gehe davon aus, dass sich das in künftigen Versionen verbessern wird.)
Nach einer knappen Stunden Herumspielen mit StageSpace frage ich mich schon ein wenig, woher das aktuell freudige Raunen (zum Beispiel bei Zweinull.cc, bei Nico und beim Apfelblog ; Klaus Eck ist ein wenig vorsichtiger) in der deutschen Blogosphäre über diese Plattform genau begründet ist. StageSpace enthält ein Featureset und stellt ein Gesamtkonzept dar, wie es ähnlich schon IMVU, Moove (ebenfalls aus deutschen Landen) oder Kaneva bieten. Es geht im wesentlichen darum, eine Art Chat-Room und diverse Möglichkeiten zur sozialen Vernetzung, wie man sie von den entsprechenden Websites und Foren her kennt, in eine 3D-Welt abzubilden. Das ist m.E. ein sehr erfolgversprechender Ansatz - aber eben auch nichts besonders Neues ...
Die aktuelle Ausprägung dieses Ansatzes ist im Falle von StageSpace noch sehr optimierungsfähig (wirklich mehr Alpha als Beta), die Avatar-Steuerung holprig, die Proportionen von Avatar, Räumen und Kameraposition unglücklich und die Welt klein (ein "Hotel", eine Lounge und die unvermeidliche Disko), aber alles das kann ja noch werden. Für die nahe Zukunft sind zudem auch private User-Appartments (wie bei Keneva, IMVU oder Sony Home) versprochen. Ob es eine offene Welt mit Landschaft (und Nachbarschaft) geben wird, ist scheinbar noch unklar.
Das Besondere an StageSpace ist die Tatsache, dass die derzeit öffentlich zugängliche Beta wohl eher eine Art Demo ist. Der eigentlich Zweck ist es, ein Tool zu schaffen mit dem "jedes Unternehmen unsere Welt in seine bestehende Community integrieren und ausschließlich eben dieser anbieten kann." (siehe Projekt-Blog). Im Vordergrund steht nicht der Betrieb einer öffentlichen Plattform sondern das Geschäft mit Businesskunden, die selbst - individuell - gebrandete, kleine 3D-Chat-Welten aufbauen wollen. Und das könnte durchaus ein Markt werden.
Deswegen ist es sicherlich etwas unfair, StageSpace nach dem aktuellen Zustand zu beurteilen. Man muss abwarten, was die Lizenznehmer draus machen werden. Besonders gespannt bin ich natürlich auch auf die schon versprochenen Erweiterungen für User-Generated Content und inworld Commerce. Liest man die Diskussion hier, scheint momentan ein eher restriktives Modell für User Generated Content geplant zu sein. Für "Branded Worlds" ist das sicherlich der richtige Ansatz - für ein rasches Wachstum der mit StageSpace erbauten Communities eher nicht. Aber für das hier propagierte Business-Model ist der Fokus auf "Kontrolle" vermutlich der wichtigere.
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Ich finde Deinen Artikel zu StageSpace wirklich gut. Auch ich kann die Euphorie rund um StageSpace nicht verstehen.
Als Ergänzung zu Deinem Beitrag möchte ich noch das „Buddy-Hops“ Feature erwähnen. Unter diesem nichts-sagenden Namen verbirgt sich eine Funktion ähnlich zur Netzwerkanalyse von XING. Mit Hilfe von Buddy-Hops kann man sich anzeigen lassen, um wie viele Ecken man sein Gegenüber bereits kennt. Vielleicht wird man so etwas später "Virtual Social Networking" nennen – auf jeden Fall ein interessanter Ansatz seine virtuellen Beziehungen noch besser zu nutzen.
Posted by: Mike Hummel | Wednesday, 20 June 2007 at 23:13