Es ist 'Haarspalterzeit' in der Virtuelle-Welten-Branche. Mit der Professionalisierung dieser Industrie wird es offensichtlich immer wichtiger, Kategorien zu definieren und sich abzugrenzen - speziell hinsichtlich der Trennlinie zwischen Online-Spielen und 'anderen, seriösen' (?) Welten. Spannende Diskussionen dazu gab es jüngst bei Metaversed und auch auf Raph Kosters Blog.
Ich möchte solche Haarspaltereien schon immer, besonders nach dem dritten oder vierten Bier. Deshalb hier mein eigener Versuch zum Thema (den ich glücklicherweise noch aus einem Buchkapitel, das ich letzten Monat abliefern musste, herumliegen hatte):
Das wichtigste 'Feature' einer virtuellen Welt ist für mich, dass sie das Gefühl, des Eintauchens, der Immersion unterstützen muss. Bei einer erfolgreichen virtuellen Welt habe ich nach einer gewissen Zeit das Gefühl, dass ich mich nicht mehr vor dem PC befinde, sondern an einem anderen Ort, zusammen mit anderen Leuten (deren Körper mir in der physischen Realität nicht nahe sind. Das ist aber eine blöde Definition, das sie hochgradig subjektiv ist.
Glücklicherweise gibt es aber vier klare Markmale, die notwendig (und meist hinreichend) sind, um das oben genannten Gefühl zu erzielen:
- Räumlichkeit. Eine virtuelle Welt muss den Kontext, in dem Anwender interagieren, als eine Art Raum präsentieren, in dem jedes Objekt eine Position hat, in dem es Nähe und Distanz gibt.
- Identität -- Avatare. In eine virtuellen Welt wird jeder Anwender durch einen Character, eine Persona repräsentiert. Diese wird oft "Avatar' genannt und wird vom Anwender gesteuert (nicht durch ein Programm). Avatare haben einen Ort in der Welt. Sie werden von ihrem Anwender gesehen und von anderen Avataren, die sich in der Nähe aufhalten.
- Konsens. Alle Anwender an einem Ort (oder nah beieinander) sehen die selben Dinge und Avatare - ggf. aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Alle Veränderungen in der Welt werden gleichzeitig von allen Anwendern gesehen.
- Persistenz. Jede Änderung, die ein Avatar in der Welt hervorruft, ist permanent. Wenn der Anwender die Welt verlässt und später zurückkehrt ist diese Änderung immer noch da (wenn sie nicht ein anderer Avatar rückgängig gemacht hat).
Dies ist eine sehr weite Definition - und das ist auch so beabsichtigt. Sie umfasst textbasierte MUDs. Sie umfasst Online-Spiele wie World of Warcraft und natürlich Plattformen wie Second Life, There, Kaneva at al.
Diese letzte Kategorie ist die kleinste (in Anwenderzahlen und Umsätzen), aber die spannendste für mich. Wie kann man diese von den Spielen abgrenzen? Einfach: man nimmt nur erzwungene Ziele weg und ersetzt sie durch Freiheit (die folgende Fomulierung basiert auf Entwürfen von Joel Greenberg/Giff Constable und John Lopez):
Freiheit. Eine ergebnisoffene, sozial orientierte Online-Welt ist eine virtuelle Welt, in der es keine Spielziele gibt, die Anwender erreichen müssen, keine künstlichen Barrieren, die sie überwinden müssen, keine Rätsel die zu lösen sind, um das 'virtuelle Leben' genießen zu könnene. In einer offenen, sozial orientierten Online-Welt definieren de Anwender ihre Ziele selbst und verfolgen sie auf ihren eigenen Wegen.
Das war's. Raum, Avatare, Konsens und Persistenz sind die Zutaten, aus denen virtuelle Welten gemacht werden. Ein großer Schuss Freiheit dazu und heraus kommt eine ergebnisoffene, sozial orientierte Online-Welt.
Weiter mit ein paar ergänzenden Erklärungen und Überlegungen ...
Technorati Tags: 3d web, second life, virtual worlds, web 3.d
Recent Comments