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Als ich den letzten Beitrag zu diesem Thema geschrieben habe, war ich noch davon ausgegangen, dass die Tatsache, das Linden Lab, Betreiber von Second Life nun MwSt auf sämtliche Rechnungen an EU-Bürger aufschlägt, ein Zeichen dafür ist, dass die Firma eine europäische Tochterfirma gegründet hat - was ich immer noch für eine gute Idee halte. Denkfehler!
Was ich nicht wusste, war, dass die EU von allen Firmen, egal wo auf der Welt sie ihren Sitz haben, verlangt, dass sie für "electronically supplied services" MwSt berechnen, wenn diese "services" an EU Bürger berechnet werden.
Hmmm ... Einerseits erscheint mir das sogar plausibel. Denn, ich muss ja auch MwSt (Einfuhrumsatzsteuer) für Waren zahlen, die ich in einem Lad ausserhalb der EU kaufe und dann nach Deutschland einführe (zum Beispiel, wenn ich ein Buch bei Amazon USA kaufe). Diese Einfuhrumsatzsteuer wird bei der Verzollung mit erhoben. Und da es bei digitalen Gütern keine Verzollung gibt, ist klar, dass die Finanzminister nach Möglichkeiten suchen, wie diese Steuer trotzdem erhoben werden kann.
Am Rande: was ist eigentlich ein "electronically supplied service"? Hier ist die offizielle Definition (gefunden in der Digital Library des Internet Business Law Service):
An 'electronically supplied service' is a service that, in the first instance, is delivered over the Internet or through an electronic network. These services include the provision of digitized products, such as software, and the provision of any service which provides, or supports a business or personal presence on an electronic network; for instance a website or a Webpage.
Und das ist genau das, was Linden Lab macht. Die Firma bietet eine kostenlose Software an, mit der man einen Internet-Service (teils kostenpflichtig) nutzen kann. Zudem offeriert Linden Lab Online-Speicherplatz und -Rechenleistung (präsentiert als virtuelles Land) - im Endeffekt genau das Selbe was viele ISPs und Hoster tun.
Es erscheint mir aber völlig unrealistisch, zu erwarten, dass alle Firmen weltweit, die solche Leistungen anbieten, sich an diese EU-Regelungen halten. Es mag möglich sein, große und einige mittelgroße Firmen wie Linden Lab dazu zu nötigen. Aber was ist mit einem Studenten in Asien, Südamerika oder auch in den USA, der ein bisschen virtuellen Landhandel oder irgendeinen Marketingservice in Second Life betreibt? Erwartet irgend jemand wirklich, das der MwSt auf seine Rechnungen aufschlägt und an die EU abführt. Ich bekommen jeden Monat Rechnungen von US-Firmen wie Network Solutions, Six Apart, 37Signals etc. etc. und ich habe noch nie MwSt auf diesen Rechnungen entdeckt.
Noch absurder wird es, wenn man das Modell, wie es Linden Lab zu betreiben plant, einmal auf andere Firmen überträgt, die Business in virtuellen Welten betreiben - speziell hinsichtlich der Handhabung der involvierten Währungen. Bei Zahlungen in Linden Dollar wird keine MwSt erhoben. Bei solchen in US Dollar doch. Wendet man das auf andere virtuelle Geschäfte in Second Life an, bedeutet das zum Beispiel, dass ein Land-Entwickler auf die monatlichen Zahlungen seiner europäischen Kunden, die via PayPal in US$ oder EUR erfolgen (wobei das Land des Kunden offensichtlich wird), MwSt aufschlagen muss, dass die Zahlungen für die selbe Transaktion aber steuerfrei erfolgen, wenn sie in L$ erfolgen (weil man bei einem Avatar kein Ursprungsland ermitteln kann) ... ????
Das erscheint mir nicht wirklich alles "bis zu Ende gedacht". Ich denke, es wird für Online-Unternehmen und Finanzbehörden Zeit, sich einmal näher mit Gedanken wie Granular Identity zu beschäftigen.
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